Die Volksgruppe der Maasai hat bisher keinen Wert auf Bildung gelegt. Sie gehört zu den rückständigsten und wirtschaftlich benachteiligsten Tansanias. Der kulturelle Druck, vor allem auf die Frauen, und die Überzeugung, dass durch Bildung Kultur und Tradition verblassen, sind die Hauptgründe dafür. Im Simanjiro-Distrikt kann nur jeder Vierte lesen und schreiben. Die Schulabbrecherrate ist hoch, vor allem bei den Mädchen. Schwangerschaft, frühe Verheiratung und die Bevorzugung der Jungen sind die Hauptursachen dafür. upendo möchte die ECLAT-Foundation in ihrem Vorhaben unterstützen, die Rolle und Situation der Frauen zu verbessern und durch den Bau einer Sekundarschule für eine bessere Schulbildung im Distrikt zu sorgen.
Matthias Schmid: Die ECLAT-Frauenprojekte
In der Maasai-Gesellschaft leben die Frauen in völliger Abhängigkeit von ihrem Ehemann auf dessen Gehöft („Boma“). Die Bomas liegen teilweise weit auseinander, so dass die Frauen kaum Gelegenheit haben, sich mit anderen Frauen auszutauschen. Da die allermeisten von ihnen keine Schulbildung genossen haben und es für sie auch keine technischen Möglichkeiten gibt, um an Informationen zu gelangen, leben sie ein sehr isoliertes Leben.
Die Frauengruppen von ECLAT bieten ihnen die Gelegenheit, sich zu treffen. Solche Frauengruppen sind für die traditionelle Maasai-Gesellschaft ungewöhnlich und neu. Deshalb war es nötig, dass Philomena Toima, Gründerin der ECLAT-Frauenprojekte, anfangs von Haus zu Haus gegangen ist und die Ehemänner um die Erlaubnis gebeten hat, dass ihre Frauen an den Frauengruppen teilnehmen dürfen. Inzwischen sind über 104 Gruppen (Stand April 2015) entstanden. Jede davon ist offiziell staatlich registriert. Es wird eine Vorsitzende und eine Schriftführerin gewählt. Philomena besucht und betreut die Gruppen in ihren Dörfern. Dort tauschen sich die Frauen über Alltägliches aus. Dabei geht es beispielsweise um Fragen der Gesundheit, der Hygiene, häuslicher Gewalt, der Familienplanung und auch um die Bedeutung von Schulbildung für das Leben der Familien. Letzteres verdeutlicht die enge Verbindung zum Schulprojekt von upendo. Entwicklung braucht gute Bildung. Daher ist es wichtig, die Akzeptanz bei der Bevölkerung für den Wert und Nutzen von Schulbildung zu steigern.
Noch aus einem zweiten Grund sind die Frauengruppen wichtig: In der Regel haben die Maasai-Frauen kaum eigenen Besitz. Sie müssen sich zur Heirat ein eigenes Haus bauen, für das sie zu sorgen haben und in dem sie später mit ihren Kindern leben. Das Vieh des Ehemannes deckt ihren täglichen Bedarf und den ihrer Kinder. Eigenes Geld, auch nur um kleine Dinge für den täglichen Bedarf wie z.B. Seife zu kaufen, besitzen sie kaum. So ist ein weiteres Ziel der Frauengruppen, dass Frauen finanziell unabhängiger von ihren Ehemännern werden.
Dabei geht es um kleine Beträge, die sie persönlich für sich und ihre Kinder verwenden können. Einzelnen Gruppen wird hierfür von upendo ein Startkapital zur Verfügung gestellt. Die Frauen entscheiden gemeinsam, wie das Geld investiert wird, z.B. kaufen sie mehrere Kälber. Die Frauengruppe versorgt gemeinsam die Kälber bis die ausgewachsenen Rinder verkauft werden können. Ein Drittel des Erlöses wird an die Mitglieder der Frauengruppe ausgeschüttet, zwei Drittel werden in ein neues Projekt „reinvestiert“. So erwirtschaften die Frauen einen gewissen Betrag, über den sie anschließend selbst verfügen können.
Joachim Buchmüller, Dipl.-Ing. Architekt: Neubau der Schulmensa und eines Wohnhauses für Lehrer
Im Februar konnte ich auf meiner ersten Reise nach Afrika das ECLAT-Projekt in Tansania besuchen. Neben den Besuchen der Familie Kiroya und den verschiedenen Frauenprojekten in den Dörfern war die Einweihung der Schulmensa Höhepunkt unserer Reise. Als Architekt war ich ganz besonders gespannt auf die neuen Bauwerke des Schulprojektes, die ich bis dahin nur von Plänen kannte. Es ist schwer sich vorzustellen, was es heißt, etwa 100 Kilometer von der nach Arusha führenden Hauptstraße, mitten in der Steppe und ohne jeden Maschineneinsatz, wie wir ihn hier kennen, eine Multifunktions-Halle von ca. 800 m² Grundfläche und ein Doppelwohnhaus für Lehrer zu errichten. Umso mehr war ich überrascht, dass ich sowohl ausreichend Material wie Sand, Zement und Mauersteine, aber auch viele hoch motivierte Arbeiter vorfand, und dank unseres Wasserprojektes auch genug Wasser für Beton und Mörtel. In nur wenigen Wochen waren seit Jahresbeginn Fundamente, Bodenplatten, Außenwände und Dächer entstanden.
Das Mauerwerk aus stabilen Bimsbetonsteinen machte einen sehr ordentlichen und sauberen Eindruck. Besonders schwierig hatte sich die Anlieferung der vorgefertigten Dachträger für die Halle gestaltet: Die Sattelschlepper benötigten auf der Buschpiste einen ganzen Tag im „Schneckentempo“, um die etwa 20 m langen vorgefertigten Einzelteile aus Stahl nach Emboreet zu transportieren. Durch diese Wahl einer solchen Konstruktion wurde aber zum einen ein recht hoher, offener und stützenfreier Innenraum ermöglicht, zum anderen konnte so schnell ein Dachstuhl montiert werden. Abschließend wurde dann in wenigen Tagen das Dach mit den üblichen Wellblechelementen geschlossen. Eine für afrikanische Verhältnisse ungewöhnliche Leistung. Die folgenden Tage und Wochen waren dann mit der Installation der Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen sowie den Verputz- und Malerarbeiten ausgefüllt.
Die Arbeiten erfolgten unter der Aufsicht des örtlichen Bauleiters des beauftragten Generalunternehmers und des Managers von ECLAT, Bakiri Angalia, die ich beide kennen lernen konnte. Sollten die weiteren Bauarbeiten in ihrer Leistung und Qualität auch in Zukunft so erfolgen, mache ich mir um diesen Teil unseres Projektes jedenfalls keine Sorgen.