Wasser für Emboreet
„upendo – Verein zur Förderung von Entwicklungsprojekten in Afrika e.V.“ unterstützt die Initiativen einer Maasai-Familie, in ihrem abgelegenen Heimatdorf Emboreet (Simanjiro-Distrikt, Tansania) eine Sekundarschule aufzubauen und mit Frauenprojekten die Stellung der Frauen in der Maasai Gesellschaft zu stärken. Toima und Philomena Kiroya sind die einzigen ihrer Familien, die zur Schule gegangen sind und Toima hat es dank seiner Bildung zu einem hochdotierten Posten in Tansania gebracht. Aber sie haben ihre Herkunft nicht vergessen und wollen ihre Gesellschaft unterstützen, den Frauen zu mehr Selbstbewusstsein und mehr Selbständigkeit verhelfen und dafür sorgen, dass die schulische Ausbildung der Maasai Kinder verbessert wird. Denn nach wie vor sind fast 75 % der Maasai Analphabeten. Toima und Philomena haben eine Stiftung gegründet, die ECLAT-Foundation und neben den Frauenprojekten auch damit begonnen, in ihrem Heimatdorf in den letzten Jahren eine Sekundarschule aufzubauen. upendo will ihnen dabei helfen, denn ihre Mittel und Möglichkeiten sind gering. Sie konnten ein paar Klassenräume bauen und der Staat hat Lehrer geschickt, so dass bereits ein paar Schüler unterrichtet werden können. Aber für eine vollwertige und gut besuchte Sekundarschule fehlt noch unendlich viel, wozu ihnen upendo zusammen mit der Lokalregierung und dem tansanischen Staat verhelfen will, auch mit Unterstützung der Fürsorge- und Bildungsstiftung.
Zunächst aber musste eine akute Not gelindert werden: Wasser. Das Land ist dürr, die Trockenzeit sieben Monate lang und Wasser rar. Das nächste Oberflächenwasser ist viele Kilometer entfernt und verschmutzt, der Grundwasserspiegel liegt tief. upendo konnte dank der finanziellen Unterstützung durch die Fürsorge- und Bildungsstiftung ECLAT 2014 die Finanzmittel bereitstellen, um ein Bohrloch drillen und einen Wassertank bauen lassen zu können. upendo hat eine Unterwasserpumpe und Solarpanele geschickt, so dass bereits im Oktober das erste frische, saubere Grundwasser gezapft werden konnte: genug für alle, auch wenn die Schule einmal fertiggestellt sein wird.
Das Schicksal eines Maasai-Mädchen: Sinyati Edward
Sie ist ein keckes 14-jähriges Mädchen. Da sie eine englischsprachige Primarschule besucht hat, können wir uns problemlos unterhalten, und sie zeigt keine Scheu, mit mir über ihr Leben zu sprechen. Sinyati wurde am 8. August 2000 im Simanjiro-Distrikt (Tansania) im Dorf Narakawo geboren, wo wir sie auch trafen. Sie ist dort aufgewachsen und erinnert sich vor allem gerne an das gemeinsame Spiel mit anderen Kindern. Ihre Mutter hat acht Kinder, vier Jungen und vier Mädchen. Sinyati ist die Älteste, das jüngste Geschwisterkind wurde in diesem Jahr geboren. Der Vater hat sechs Frauen. Man sieht Sinyati an, dass ihr Vater relativ reich ist: Sie trägt eine Armbanduhr und gepflegte Kleidung. Der Vater ist mit Glück in das Geschäft mit Tansanit, einem lokalen Edelstein, gekommen und verdient so gut, dass er sich neben den sechs Frauen und vielen Kindern ein vergleichsweise großes Haus im Dorf und ein Auto leisten kann, und das, obwohl er Analphabet ist.
Von seinen vielen Kindern hat er aber nur zwei zur Primarschule geschickt, darunter Sinyati, und zwar auf eine besonders gute Schule, eine private English Medium School in der Großstadt Arusha. Sinyati erinnert sich daran, wie sie auf die Internatsschule kam: Es war ein Privileg, aber sie hatte Heimweh. „Das war aber nicht schlimm, Hauptsache ich konnte lernen“, ist ihr knapper Kommentar. Zuvor war sie schon ein Jahr lang auf die staatliche Primarschule im nahegelegenen Dorf Emboreet gegangen. Während dieser Zeit wohnte sie bei der Familie Kiroya. Aus dieser Zeit stammt auch der Kosename Mamaule, mit dem Philomena Kiroya sie noch heute anspricht und den sie immer noch gerne hört. Sinyati hat gerne und fleißig gelernt, ihr Lieblingsfach war Mathematik, aber sie hat auch die anderen Fächer gemocht. Sie ist davon überzeugt, dass sie die Abschlussprüfung gut bestanden hat; aufgrund der landesweiten Zentralprüfungen wird sie die Prüfungsergebnisse aber erst in einiger Zeit erfahren.
Aber nun ist Krisenzeit für Sinyati. Sie möchte unbedingt weiterlernen und zur Sekundarschule gehen. Aber sie ist jetzt 14 Jahre alt und damit alt genug, um verheiratet zu werden. Ihr Vater will sie nicht weiter zur Schule schicken, nur ihr gleichaltriger Bruder (der Sohn einer anderen Mutter) hat dieses Recht. Warum sollte sie als Mädchen auch zur Schule gehen? Eine (spätere) Heirat mit einem Mann ihrer Wahl – das kann Sinyati sich nicht vorstellen. Der Vater entscheidet, das ist so, daran gibt es keinen Zweifel, Widerspruch ist ausgeschlossen. Die Heiratsgewohnheiten in Deutschland? So etwas passt nicht zu ihren Vorstellungen als Maasai-Mädchen. Eines Tages will sie selber Kinder haben und im Dorf wohnen, aber so richtig darüber nachgedacht hat sie noch nicht. Als Mädchen fühlt sie sich den Jungen gegenüber benachteiligt – und als Maasai-Mädchen ist sie das auch. Wir sprechen mit ihrem Vater, und der spürt, was Bildung bedeutet, als seine Tochter ihm unser Gespräch übersetzen musste. Am Ende ist er überzeugt: Sinyati und ihr Bruder dürfen zur Sekundarschule gehen. Ihr Bruder als Junge sowieso, nun auch sie als Mädchen. Man spürte Sinyatis Freude über diese Entscheidung, dabei darf man seine Gefühle in dieser Kultur eigentlich nicht zeigen. Sinyati weiß auch schon, was sie später einmal werden möchte: Krankenschwester, „damit ich anderen helfen kann“.
Auf meine Frage, ob sie etwas hat, was ich unseren Freunden in Europa von ihr berichten soll, antwortete sie kurz und knapp: „Grüß bitte alle herzlich von mir.“