In diesem Informationsbrief berichten wir über aktuelle Entwicklungen der beiden wichtigsten Schwerpunkte unserer Arbeit in Tansania, dem Aufbau der Sekundarschule in Emboreet und den Frauenprojekten unserer Partnerorganisation ECLAT. In den kommenden Informationsbriefen werden wir dann auch wieder über unsere anderen Projekte berichten.
Abschlussprüfungen an der Sekundarschule
Im November letzten Jahres fanden an der Sekundarschule in Emboreet die Abschlussprüfungen statt (siehe dazu unseren letzten Informationsbrief). Diese Prüfungen werden in Tansania zentral von der Regierung organisiert und ausgewertet, sodass an allen Schulen im Land der gleiche Standard gilt. Es dauerte ein paar Monate, bis die Ergebnisse von unseren Schülern vorlagen, aber bei meinem Besuch in Tansania im Februar dieses Jahres standen die Ergebnisse für jeden Gast sichtbar an der Tafel im provisorischen Lehrerzimmer: Von 33 Schülerinnen und Schülern hatten 25 die Prüfungen nicht bestanden, sieben hatten mit „ausreichend“ bestanden und nur ein Schüler mit „befriedigend“. Ein ohne Frage schlechtes Ergebnis. Wir haben lange über die Ursachen gesprochen. Die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer ist seit gut einem Jahr hoch, immerhin kommt auf etwa zehn Schüler ein Lehrer; das habe ich in Tansania noch nicht erlebt. Die hohe Zahl an Lehrern ist ein deutliches Zeichen dafür, wie wichtig diese Schule der Regierung ist. Die Lehrer sind durchweg jung und unerfahren, und – wie fast überall im Land – nicht wirklich gut für ihre Aufgabe ausgebildet. Entscheidend für das schlechte Abschneiden der Schülerinnen und Schüler bei den Abschlussprüfungen waren aber die schlechten Lernbedingungen in den ersten zwei bis drei Schuljahren.
Die schlechten Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass der Ausbau der Sekundarschule zügig weitergeht. Statt ihre Zeit mit Wasserholen zu verbringen, sollten die Schüler besser im Unterricht sitzen. Ohne Strom gibt es abends kein Licht zum Lesen und Lernen. (Es wird um 18 Uhr dunkel.) Wenn Schüler täglich zweimal Wegstrecken von vielen Kilometern laufen müssen, weil es kein Dormitorium gibt, verbleibt ihnen nicht viel Zeit und Kraft zum Lernen. Auch Lehrer, die weit entfernt wohnen, müssen sehen, wie sie zur Schule kommen – und so fällt dann eben oft Unterricht aus. Die Lehrer müssen mit ihren zumeist jungen Familien irgendwo in den Dörfern in Hütten leben, in der Schule aber fehlt nach dem Unterricht eine Aufsicht für die Schüler, die wie überall in der Welt auch in Emboreet lieber spielen als lernen. Wir wollen uns von upendo jedenfalls nach Kräften dafür einsetzen, dass der Ausbau der Schule weiter zügig vorankommt.
Neben dem schlechten Abschneiden der Schulabgänger nach den vier Schuljahren gibt es aber auch einen Lichtblick: Die Zwischenprüfungen der Zweitklässler sind gut ausgefallen: Dreimal hieß es „sehr gut“, sechsmal „gut“, zweimal „befriedigend“, zehnmal „ausreichend“ und nur zweimal „durchgefallen“. Diese Schüler haben schon von der verbesserten Situation der Schule in den letzten ein bis zwei Jahren profitiert, während für ihre Vorgänger der Schulausbau und die verbesserte Lehrersituation zu spät kamen.
In Zukunft Abitur an der Sekundarschule
Im ganzen Simanjiro-Distrikt, der flächenmäßig 2/3 der Fläche von NRW ausmacht und in dem etwa 200.000 Menschen leben, gibt es nicht eine Schule, die bis zum Abitur („A-Level“) führt. Es gibt zwar 16 Sekundarschulen (alle staatlich), die führen aber nur bis zum „O-Level“ (Realschulabschluss). Während meines Besuchs im Februar hatte die Schulverwaltung des Distrikts und der Region ECLAT und upendo um ein Treffen gebeten. Die Regierung sieht die Sekundarschule im Emboreet als die beste des Distrikts an und hat entschieden, diese Schule ab dem 1. Juli 2016 als einzige und erste Schule im Distrikt zur Ausbildung bis zum Abitur zu ernennen. Die in den letzten Jahren steigende Zahl von Schülern im Distrikt, die sich zur Oberstufe qualifizieren, legt diesen Schritt nahe.
Wir haben diese Entscheidung begrüßt und den Regierungsvertretern zugesagt, dass sich upendo weiter beim Ausbau der Schule einbringen wird. Ich habe aber auch klargemacht, dass die Schule nur gemeinsam von upendo, der Kommune und dem Staat als Betreiber der Schule fertiggestellt werden kann. Wir haben konkret die nächsten Bauvorhaben von ECLAT und der Regierung miteinander abgestimmt und vereinbart, dass ECLAT regelmäßig an den Besprechungen teilnimmt, die die Regierung zur Sekundarschule in Emboreet abhält.
Ein weiteres positives Zeichen ist die im Vergleich zu früher doppelt so hohe Zahl Schüler in den diesjährigen Eingangsklassen. Statt wie bisher einzügig, werden seit Anfang des Jahres in der Eingangsstufe zwei Parallelklassen mit insgesamt 96 Schülern unterrichtet (42 Mädchen und 54 Jungen).
Wirtschaftliches Handeln von Frauengruppen
Bei meinem Besuch in Emboreet hatte ich im Februar auch wieder Gelegenheit, einige Frauengruppen zu treffen. Diese Arbeit von ECLAT zur Stärkung der Frauen in der Massai-Gesellschaft ist neben der Bildungsarbeit eine zentrale Aufgabe. Die Arbeit ist vielleicht nicht so spektakulär wie der Bau einer Schule, aber für die Massai-Kultur wahrscheinlich grundlegender. Frauen haben bei den Massai praktisch keine Rechte. Sie werden als Jugendliche verheiratet und müssen dann für sich und ihre Kinder sorgen. Eigener Besitz wird ihnen nicht zugestanden; sie sind völlig von ihren Männern abhängig, die mit mehreren Frauen verheiratet sind. Philomena Kiroya, selber eine Massai-Frau, betreut die Frauengruppen. Sie nimmt an ihren Treffen teil, auf denen die Frauen auch über sich und ihre Probleme reden. Im Laufe der Zeit wollen wir allen Gruppen ein Startkapital zur Verfügung stellen, sodass innerhalb der Gruppe gemeinsam gewirtschaftet werden kann und die Frauen sich etwas Geld verdienen. Stolz haben mir im Februar mehrere Frauengruppen die Rinder gezeigt, die sie als Kälber mit ihrem Startkapital gekauft hatten und die nun zu stattlichen Bullen herangewachsen waren. Einige Frauen konnten schon Tiere mit Gewinn verkaufen und sich aus dem Erlös neue Kälber kaufen. Einige Rinder wurden schon wieder an ECLAT „zurückbezahlt“ und dienen als Startkapital für neue Gruppen. Manche Frauen konnten sich von den Gewinnen auch schon ein Wellblechdach für ihre Hütten leisten. Da bei den Massai der Bau und Unterhalt der Hütten in der Verantwortung der Frauen liegt, sie aber traditionell über kein eigenes Einkommen verfügen und keinen eigenen Besitz haben dürfen, ist ein solches „festes Dach über dem Kopf“ für sie normalerweise unerschwinglich. Umso größer ist ihre Dankbarkeit.
Renovierung der Grundschule in Emboreet
Zum Schluss noch eine Kurzmeldung: In nur wenigen Monaten konnte ECLAT Anfang 2016 die Klassenräume der Grundschule in Emboreet renovieren. Und dank der neuen Schulmöbel sitzen die Kinder nun nicht mehr in halb zerfallenen Klassenräumen auf zerbrochenen Bänken. Wir haben ihnen auch neue Toiletten gebaut: die alten Latrinen waren voll, es gab keine Toiletten für die Schüler. Wir danken DER Touristik und FLY & HELP für die Finanzierung. Im nächsten Informationsbrief folgt ein ausführlicher Bericht dazu.
Fred Heimbach